• Beitrag zuletzt geändert am:9. August 2025
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Kathedrale von Porto
Kathedrale von Porto

Porto - aufstrebender Star

Lebenslust & morbider Charme

Porto – die Stadt, die einem ganzen Land den Namen geliehen hat. Sie hat etwas Mystisches an sich. Je nach Jahreszeit, Licht und Wetter wandelt sich ihr Charakter. Mal ist es britische Noblesse, dann doch wieder orientalische Lebensfreude. An einigen Ecken zeigt sich eher morbider Charme, wobei an vielen Ecken saniert und gebaut wird. Die Melange kommt an: Bei der Verleihung der „World Travel Awards“, sozusagen der Tourismus-Oscar, wurde Porto 2022 zur besten Stadtdestination weltweit gekürt!

Die berühmte Metallbrücke Ponte Dom Luis I überspannt den Douro im Herzen der Stadt
Die berühmte Metallbrücke Ponte Dom Luis I überspannt den Douro im Herzen der Stadt

Den Tag beginne ich mit einem Galao, das ist ein Espresso mit viel Milch, im Esplanadencafé unterhalb der Rua Nova da Alfandega. Zäh liegen die Nebel über dem Douro und verhängen den Blick auf die zweigeschossige Stahlbrücke Ponte Dom Luís I. Die Dame am Nachbartisch genießt den obligatorischen Espresso, der in Porto Cimbalino heißt. Langsam löst die Sonne den Nevoeiro, die frühmorgens vom Atlantik in das tiefe Tal des Douro getriebene Nebelwand, auf. Die kleinen Holzboote in der Bucht sehen aus, als würden sie jeden Moment lossegeln, und sind doch nur Staffage. Früher wurde auf ihnen der Portwein transportiert.

Zeit, sich in das Getümmel der schmalen Gassen von Porto zu stürzen. Der Weg dahin führt über die obere Etage der gewaltigen Bogenbrücke. Der Fußgänger kann den phantastischen Ausblick auf die ehrwürdige Handelsstadt andächtig genießen, daneben bietet sie Platz für die Metro und den Autoverkehr. Oft wird das Wahrzeichen von Porto mit einer anderen Brücke verwechselt: Die geschichtsträchtige Ponte Maria Pia liegt jedoch einen Kilometer flussaufwärts. Das stählerne Meisterwerk geht auf Gustave Eiffel, den Erbauer des berühmten Pariser Eiffelturms, zurück. Zur Bauzeit 1877 galt sie als größte Bogenbrücke der Welt und hat bis heute wenig von ihrer Faszination eingebüßt. Die Eisenbahn verkehrt schon seit 1991 nicht mehr auf dem Brückenschlag, so dass das Technikdenkmal – ungeachtet von Instandhaltungsarbeiten 2009 – im Dämmerschlaf liegt.

Ein Muss für den Besucher ist eine Fahrt mit der urigen Straßenbahnlinie 1 entlang des Douro. Die Fahrzeuge stammen aus den 1940er Jahren, sind wirklich nicht sehr schnell und wie für den Touristen gemacht. Erstaunlicherweise zeigte sich bei der Umstellung vieler Straßenbahnlinien auf Busse in den achtziger Jahren, dass die ehrwürdigen Funkenkutschen den neuen Dieselfahrzeugen auf den Steilstrecken tatsächlich überlegen waren!

Die portugiesische Handelsmetropole wird gern mit dem Portwein in Verbindung gebracht. Nomen est omen? Eher nicht. Die Weine selbst kommen vor allem aus der Region Peso da Régua im Landesinneren. Viele Kellereien befinden sich in der Nachbarstadt Gaia auf der Südseite des Douro. In Porto selbst soll sich nach Auskunft unserer Stadtführerin nicht eine einzige Portweinkellerei befinden!

Die nördlich der Flussmündung gelegene Altstadt von Porto gehört seit 1996 zum Unesco-Weltkulturerbe. Der Reiz des alten Stadtzentrums Ribeira besteht dabei weniger in herausragenden Einzelbauten. Vielmehr wissen die vielen historischen Granitgebäude als Ensemble zu beeindrucken. Es ist gar nicht so lange her, da war Ribeira als Ort armer Fischer und einfacher Leute alles andere als einladend. Doch in den vergangenen Jahrzehnten hat sich das Stadtbild von Porto herausgeputzt, wenig erinnert mehr an den Industriemoloch vergangener Zeiten.

Ein guter Ausgangspunkt für den Rundgang ist der Bahnhof São Bento, der selbst mit den 20.000 Azulejos-Fliesen in seiner Haupthalle begeistert. Historische und volkstümliche Szenen lassen die Zugpassagiere die Wartezeit trefflich überbrücken. Wenige Schritte entfernt befindet sich das wichtigste Bauwerk in der Altstadt: Die Kathedrale Sé do Porto aus dem 12. Jahrhundert. Trotz mehrerer tiefgreifender Umbauten hat sich der trutzige Charakter der Wehrkirche mit ihren beiden Türmen erhalten. Im Inneren beeindrucken der vergoldete Barockaltar und der Silberaltar, zumal die übrige Gestaltung eher schlicht rüberkommt. Sehenswert ist der Kreuzgang mit den landestypischen Azulejos der Barockzeit. Der vorgelagerte Kirchplatz lädt zum Verweilen ein, nicht nur dank seiner alten Fassaden und des mittelalterlichen Schandpfahls. Vom Platz aus öffnet sich ein atemberaubender Blick über den Douro und die Stadtviertel an seinen Hängen.

Jeder Reiseführer empfiehlt den Besuch in der Buchhandlung Livraria Lello. Es ist wohl die schönste ihrer Art in Europa. Ihr benötigt allerdings ein Ticket, um sie persönlich zu bestaunen, doch das gibts online und so umgeht ihr die lange Schlange vor dem Eingang. Einmal drinnen wundert die Legende nicht, dass sich J. K. Rowling hier zu ihren Harry-Potter-Romanen hat inspirieren lassen. Sie selbst hatte eine Zeit lang in Porto gelebt, bestreitet die Geschichte allerdings.

Neben den Baudenkmälern bestechen auch zeitgenössische Bauten: Die Architekturschule Porto hat namhafte Baumeister hervorgebracht. Sehenswert ist die Casa da Música mit ihrem polygonalen Baukörper oder das Serralves-Museum mit seinen Veranstaltungen und der Schau zeitgenössischer Kunst.

Hoch über dem Douro in Gaia liegt das Kloster Serra do Pilar aus dem 16. Jahrhundert. Wer die Mühe des Aufstiegs scheut, den bringt eine Seilbahn zum einstigen Nonnenkloster. Heute sucht man Nonnen vergebens, das Kloster wird seit 1832 wegen seiner Lage vom portugiesischen Militär genutzt. Apropos: Vor dem Kloster liegt ein Aussichtspunkt, der den besten Blick auf die gegenüberliegende Altstadt von Porto im Sonnenuntergang bietet.

Es ist dunkel geworden. Die kleine Schwester von Lissabon gefällt mit einem lebendigen Nachtleben. Da sind die Galerias de Paris, zwei Straßenzüge in der Altstadt. Ob vor einem Club im Freien, im „Plano B“ mit Live-Musik oder im „Rendez Vous Club“, hier bist Du nicht alleine. Das Viertel Cedofeita lockt mit Bars wie „Candelabro“ oder „77“. Beliebt zum Abhängen mit einem Drink auf der Straße ist Cordoaria. Irgendwo um die Ecke „legt“ immer jemand Musik auf, es wird getanzt und geschmust. Richtig zur Sache geht es erst nach Mitternacht. Den nächsten Morgen starte ich im angesagten „Zenith“ beim Brunch. Auch wenn in den coolen Räumen der alten Fabrikanlage ab und an der Strom ausfällt, bei einem Cimbalino und einem Pancake beginnt der Tag trotzdem gut.

Wort: Uwe Schieferdecker / Bild: Torsten Reineck, Mounaf Almarfoh