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Gran Canaria - Die Dünen von Maspalomas
Gran Canaria - Die Dünen von Maspalomas

Gran Canaria

Dem Winter entfliehen

Weite Strände und verträumte Buchten, die einzigartige Landschaft der Dünen von Maspalomas, ein wolkenverhangenes Gebirgsmassiv im Inneren sowie eine lebendige Inselhauptstadt kennzeichnen die drittgrößte Insel der Kanaren, rund 200 Kilometer vor der Küste Westafrikas gelegen.

Nach knapp fünf Stunden Flugzeit hast Du die mitteleuropäischen Jahreszeiten hinter Dir gelassen.

Weihnachtliche Strandpromenade in Playa del Inglés
Weihnachtliche Strandpromenade in Playa del Inglés

Auch wenn der Schriftzug „Feliz Navidad“ anderes verheißt, erwarten Dich auch im Dezember angenehme Temperaturen um 22 Grad und Sonnenschein. Der Flughafen liegt südlich der größten Stadt auf den Kanaren, Las Palmas de Gran Canaria. Grund genug, der quirligen Metropole mit der geschichtsträchtigen Altstadt Vegueta und der Canteras-Bucht einen Besuch abzustatten.

Wie so oft wirst Du gerade dann besonders überrascht, wenn Du wenig erwartest. Die neuntgrößte Stadt Spaniens erläufst Du am besten im Schlenderschritt. Da ist das Gassengewirr der Vegueta: Zwischen Fassaden mit andalusischen Balkonen und maurischen Ornamenten stößt Du auf herrschaftliche Palacios, deren Höfe, auf Spanisch Patios, sich als kleine Paradiese mit Brunnen und südländischen Pflanzen öffnen. Das Kolumbushaus gehört zu den schönsten von ihnen und dokumentiert anschaulich die Expeditionen Christoph Kolumbus‘. Ob der große Entdecker je auf der Insel weilte, ist umstritten. Übernachtet hat er in der Casa de Colón jedenfalls nicht, auch wenn uns das die Stadtführer gern glauben machen wollen.

Das überragende Gebäude der Vegueta ist die Kathedrale Santa Ana. Der Sakralbau mit den beiden beeindruckenden Türmen entstand ab 1497 über vier Jahrhunderte. Was Wunder angesichts der langen Bauzeit, dass die dreischiffige Hallenkirche ein buntes Potpourri an Baustilen – von der Gotik über die Renaissance, den Barock, den Klassizismus bis hin zum Historismus – widerspiegelt. An den Fassaden und der inneren Ausstattung hinterließ der Bildhauer José Luján Pérez seine Handschrift.

Die Kathedrale dominiert den Hauptplatz der Altstadt, die Plaza Santa Ana. Touristen, Tauben, spielende Kinder und schwatzende Alte beleben das von Prachtbauten gesäumte Areal. Das jüngste Bauwerk steht vis-à-vis der Kathedrale: Das klassizistische Rathaus von 1853. Die Plaza Santa Ana beeindruckt zu Ostern mit einem spektakulären Feuerwerk und anlässlich des Fronleichnamsfestes mit einem endlosen Blumenteppich.

Nach Norden trennt eine Schnellstraße die Vegueta vom Triana-Viertel. Hier beeindruckt vor allem das größte Theater der Stadt, das Teatro Pérez Galdóz. Benannt wurde es nach einem berühmten Romancier und Sohn der Stadt. Das Teatro ist auch Austragungsort des Opernfestivals der Kanarischen Inseln.

Ähnlich Rio de Janeiro verfügt auch Las Palmas über eine Bucht mit einem Bilderbuchstrand, der Playa de las Canteras. Ob Touristen oder Büroangestellte in der Mittagspause, der vielleicht schönste Stadtstrand Europas weiß alle zu begeistern. Entlang der Strandpromenade ziehen sich Restaurants, Geschäfte und Terrassencafés. Zum Hafen Puerto de la Luz hin erwarten Dich zu später Stunde Nachtclubs und Bars.

Die Mehrzahl der Inselbesucher fährt vom Flughafen schnurstracks der Sonne entgegen – in den Süden zu ihrem Strandhotel. Wohltemperiertes Atlantikwasser, mal mit Brandung oder auch still in den Buchten, lädt vor dem nahezu weißen Sandstrand von Playa del Inglés zum Baden ein. Außerhalb der Wochenenden und der eigentlichen Ferienzeit sind die Badeorte nicht wirklich überlaufen.

Gleiches trifft für die Strände an der Ostküste zu, die ideale Bedingungen für den Surfsport bieten. Der größte Windpark von Gran Canaria weist schon aus der Entfernung auf den gleichbleibenden, starken Wind hin. Alljährlich ist der Pozo Izquierdo Austragungsort eines Windsurfworldcups. Während dort bei Wellen von drei Metern die Meister üben, sind die Strände von Maspalomas oder Playa del Inglés eher für den Anfänger geeignet. Gesäumt von Palmenhainen finden sich hier zahlreiche große Hotels und Ferienanlagen. Die Dünen von Maspalomas mit ihrem fein zerriebenen Sand sind ein beliebter Treffpunkt für Nudisten, Gays und Swinger. Benachbart liegt der einzige offizielle FKK-Strand der Insel. Seit 2001 wird hier alljährlich die „Maspalomas Pride“ ausgetragen.

Während die Sonnenanbeter und Strandgänger ihren Weg wie von selbst finden, lassen sie das beeindruckende Inselinnere links liegen. Dort wird der Charakter von Gran Canaria deutlich, die Insel ist vulkanischen Ursprungs. Der höchste Berg ist der Morro de Agujereada mit 1956 Metern Höhe. Da sich die meisten Touris üblicherweise eher in den Badeorten vergnügen, hat der Interessierte das zerklüftete Inselinnere beinahe für sich allein. Denn es lohnt sich durchaus, während des Inselurlaubs einen Mietwagen zu nehmen und auf Entdeckungsreise zu gehen.

Als „Gewitter aus Stein“ bezeichnete der spanische Schriftsteller Miguel de Unamuno das Inselinnere. Gran Canaria ist durchzogen von kurvigen Bergstraßen, atemberaubenden Schluchten und charmanten Dörfern. An den Hängen wachsen die Pinien, weiter oben blühen im Februar die Mandelbäume. Am Fuß des Roque Bentaiga findet sich die letzte Zufluchtsstätte der Ureinwohner, ein Höhlenkomplex unweit des Ortes El Roque. Das Centro de Interpretación informiert hier über das Leben der Altkanarier.

Als natürliches Wahrzeichen der Insel dient der Roque Nublo (Wolkenfelsen). Der Rest eines Stratovulkans reckt sich als majestätischer Basaltfelsen 65 Meter über den eher flachen Gipfelsattel. Das Bergplateau ist mit einer halbstündigen Wanderung relativ einfach zu ersteigen. Schon die Ureinwohner sollen sich am atemberaubenden Panorama beim abendlichen Sonnenuntergang berauscht haben. Die rechtzeitige Anfahrt empfiehlt sich hier. Es gibt zwar entsprechende Parkmöglichkeiten, aber wenn zu viele auf einmal kommen? Der Anblick der hinter Teneriffa im Atlantik untergehenden Sonne ist etwas für spätere Träume. Wenn die Sonnenscheibe erst einmal verschwunden ist, kühlt es rasch ab und für den Abstieg empfiehlt sich neben einer dünnen Jacke auch eine Taschenlampe.

Wort: Uwe Schieferdecker / Bild: Torsten Reineck