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Ballonfahrt in Goereme

Ballonfahrt in Goereme

Ein orientalisches Märchen in Kappadokien

Bizarre Felsenwelt


Vor fünfzig Millionen Jahren entstand zwischen den beiden anatolischen Vulkanen Erciyes Dagi und Hasan Dagi, beide weit über 3.000 Meter hoch, die surreale Felsenwelt von Kappadokien. Die Verwitterung schuf aus dem weichen Lavagestein bizarre Pyramiden, Kamine und Zipfelmützen, unter denen der Überlieferung nach Feen lebten. Und nicht nur die: Von alters her schlugen die Einheimischen Wohnungen in den Tuffstein und hausen darin bis in die Gegenwart. Apropos: Mein "Utopia Cave Hotel" in Ürgüp verwöhnte mich mit dem Zimmer 209, fensterlos und ganze 24 Stufen tief in den felsigen Hang gehauen. Ich bekenne hiermit freimütig, dass mich darin - auch ohne ausgeprägte klaustrophobische Züge - mulmige Gefühle beschlichen. Selbst das Wissen, dass die Menschen in den unterirdischen Städten von Derinkuyu oder Kaymakli in bis zu zwölfgeschossigen Höhlenbauten wohnten, beruhigte mich nächtens wenig.

Die UNESCO erklärte die Felsenlandschaft um Ürgüp 1985 zum gemischten Natur- und kulturellen Welterbe. Neben der wunderbaren Natur war es eben auch der Mensch, der diese Landschaft prägte. Schon seit dem ersten nachchristlichen Jahrhundert zogen sich Einsiedler in die entlegene Wunderwelt zurück. Zu den bekanntesten Stätten gehört heute Göreme, wo Christen zwischen dem vierten und dem elften Jahrhundert in Klöstern die Abgeschiedenheit suchten. Mitten in der Zauberlandschaft der Tuffkegel, die in der Abendsonne in tausend Pastelltönen schimmern, stoße ich hier auf das einzigartige Open Air Museum. Auf dem relativ kurzen Rundweg befinden sich ganz verschiedenartige Felsenkirchen. Haben sich meine Augen im Inneren erstmal an die Dunkelheit gewöhnt, beeindrucken die Decken und Wände mit faszinierenden bunten Fresken. Bibelfeste Besucher entdecken in der Dunklen Kirche den Propheten Abraham, in der Schlangenkirche den Drachentöter St. Georg oder in der Apfelkirche Jesus am Kreuz. Über Jahrhunderte waren die Sakralbauten in Göreme sich selbst überlassen, dafür zeigen sie sich heute in überraschender Schönheit und Brillanz. An einigen Stellen kratzten Muslime den Heiligen allerdings die Augen aus, an anderen Stellen wurde die Farbe abgetragen und als Heilmittel verkauft.

Ballonfahrt in Goereme

Ballonfahrt in Goereme

Vorbereitung der Ballonfahrt in Goereme

Vorbereitung der Ballonfahrt in Goereme

Ausgang aus einer Kirche in Goereme

Ausgang aus einer Kirche in Goereme


Zu den Naturschönheiten gehört im Westen Kappadokiens das canyonartige Ihlara-Tal. Der Fluss Melendiz ist über 400 Stufen zu erreichen. Felswände, Brücken und historische Stätten bieten auf 15 Kilometer Länge zahllose Fotomotive, darunter mehrere frühchristliche Felsenkirchen. An einem Kiosk am Fluss labe ich mich an frisch gepresstem Granatapfelsaft. Das Restaurant "Belisirma" lädt zu frisch gegrillten Forellen ein. Im Sommer sollte man hier allerdings besser einen Tisch reservieren. Dafür wird das Essen auf schwimmenden Stegen direkt auf dem Wasser serviert.

Kappadokien heißt "Land der schönen Pferde". Reiten ist eine tolle Möglichkeit, die spektakuläre Felsenlandschaft aktiv zu erkunden. Auf dem Rücken eines gutmütigen Pferdes erkunde ich abseits von Touristenscharen das Rosental. Der afghanische Führer begleitet uns zu Fuß. Damit gab er die Geschwindigkeit vor, was mich auf meinem ersten Ritt doch sehr beruhigte. Geduldig lichtete er uns - hoch zu Ross vor der rosafarbenen Kulisse aus Feenkaminen - mit Kameras und Handys ab. Für erfahrene Reiter sind von April und Oktober mehrtägige Reitsafaris durch Kappadokien buchbar.

Von alters her pflegen die Bewohner das Handwerk. So geht die Töpferkunst auf die Hethiter vor gut vier Jahrtausenden zurück. Noch vor gar nicht allzu langer Zeit galten junge Männer in der Kleinstadt Avanos als eheuntauglich, so sie nicht töpfern konnten. Die Eltern der Braut meinten nämlich, dieser könne keine Familie ernähren. Die Krüge wurden auf Märkten verkauft, dienten aber auch zur Aufbewahrung von Lebensmitteln im Keller. Umgekehrt erwarteten die Familien von der zukünftigen Braut, dass diese die Kunst des Webens beherrschte. Heute kommt kein Tourist in Kappadokien um den Besuch einer Töpferei oder einer Teppichweberei herum.

Morgensonne

Morgensonne

Tal der Rosen

Tal der Rosen

Toepferei in Avanos

Toepferei in Avanos


Bei weitem jünger ist eine Tradition, die zum Highlight schlechthin geworden ist: die Ballonfahrt. Ein Engländer namens Lars soll um 1995 auf die Idee gekommen sein, dass die einzigartige Felsenlandschaft um Göreme wohl recht gut aus der Luft zu erkunden sein. Was als Versuch begann, ist heute zum Aushängeschild der Türkei geworden. Bereits bei der Ankunft auf dem neuen Flughafen von Istanbul grüßen großformatige Aufnahmen von bunten Fesselballons über den Feenkaminen von Göreme.

Vor Ort können Ballonfahrten bei guten Witterungsbedingungen das ganze Jahr über bei zahlreichen Anbietern gebucht werden. Für die sehr gut organisierten Touren sind rund 100 Euro zu berappen, nicht zu viel für ein unvergessliches Erlebnis. Ein kleiner Snack und ein Sektempfang nach der Landung sind inbegriffen. In Deutschland freut man sich über vier oder fünf Ballons am Abendhimmel. In Göreme hat der Gouverneur ihre Zahl auf sage und schreibe 125 (!) limitiert. Kurz wird das Bücken im Korb für die spätere Landung geübt, und schon geht es in die Lüfte. Langsam färbt Morgengrauen den Osthimmel rötlich, während reihum die Brenner die Ballons zum Leuchten bringen. Geschickt manövriert uns der Ballonführer zwischen den Tuffsteinkegeln hindurch.

Wenn das erste Sonnenlicht zwischen den Felsen hindurchbricht, ertönt aus vielstimmiger Kehle ein einziges "Ah...!" Mehrfach steigt unser Ballon in große Höhen, unter uns das Gewimmel der bunten Heißluftballons zwischen den pastellfarbenen Felsformationen, um dann wieder tief unten zwischen den Tufftürmen hindurchzugleiten. Wo uns der Ballonführer schließlich zielsicher zur Landung bringt. Kopf wie Speicherkarten sind prall mit Eindrücken gefüllt...

Wort & Bild: Uwe Schieferdecker


Aquaedukt in Mustafapasa

Aquaedukt in Mustafapasa

Ausritt ins Rosental

Ausritt ins Rosental

Fruehchristliche Malereien in einer Kirche von Goereme

Fruehchristliche Malereien in einer Kirche von Goereme