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Mario Thiel

Mario Thiel

Vorsicht, Thiel!

Mutmacher


Neben dem Schlimmen, was uns in den letzten Monaten bewegt hat und passiert ist, gibt es auch positive Dinge, die mir Mut machen. So bekommt man keine Handwerker vor Ablauf des Jahres und wer irgendwann eine Havarie haben wird, sollte den Notruf schon heute absetzen. Junge Menschen, die ihre erste eigene Wohnung einrichten, sollten in jedem Fall barrierefrei denken, weil das Möbel-Zeug nicht viel eher kommen wird als zum eigenen Rentenbeginn. Und die Gastronomen können nicht, wie sie wollen, obwohl sie dürfen könnten. Leider gibt es Personalmangel. Nachdem ich im Lockdown gehört habe, wie viele Menschen keine Arbeit haben, höre ich neuerdings, wie viel Personal fehlt. Das lässt zwei Schlüsse zu: Erstens haben alle Arbeit, sonst gäbe es keinen Personalmangel. Und zweitens haben wir so viel Geld, dass die Auftragslage fürs Handwerk sehr gut ist, weil alle bauen wollen. Was darum für viele sehr schlecht ist. Selbst im Lockdown war die Situation scheinbar wirtschaftlich hervorragend, denn die größten Probleme waren gefühlt Urlaub, Essen gehen und der Scheiss-Lappen. Quasi eine Pandemie de luxe.
Natürlich ist das alles nicht ganz so einfach. So hat der Personalmangel mehrere Ursachen. Wir stellen gerade mit Erschrecken fest, dass ein Land der Anwälte, Notare und BWLer beim Bruttosozialprodukt schwächelt und selbst die doppelte Anzahl an Lehrern das Handwerk nicht ersetzen kann. Oder verhält es sich sogar so, dass die Anzahl der Lehrer proportional zur Schwäche im Handwerk steht? Dazu kommt eine immer stärker werdende Abneigung gegen Arbeit am Wochenende, an Feiertagen, vor 8 oder nach 16 Uhr und an mehr als zwei Tagen in der Woche.
Stichwort: Work-Life-Balance. Andererseits ist das klasse! Denn diese Luxus-Vorstellungen muss man sich erstmal leisten können und oft scheint diesen Arbeitnehmeranwärtern schon die Sonne aus dem Allerwertesten, noch ehe sie eine Firma von Innen gesehen haben. Solange wir uns das leisten können, ist doch alles gut.
Und es gibt immer mehr Jobs, von denen keiner ahnte, dass es sie gibt. Nehmen wir Menschen, die sich mit der Luft, konkret der Belastung durch Aerosole beschäftigen. Bis vor kurzem kannte man vielleicht Areroflot, aber doch nicht das andere Zeug. Das war für uns Luft! Oder das Wetter. Früher reichte es, darauf hinzuweisen, dass es Wetter gibt. Dann kamen die Diplom-Meteorologen, die erklärten, dass es neben dem Wetter auch Unwetter gibt, weshalb sie immer zu viel oder zu wenig davor warnten. Nach der schrecklichen Flutkatastrophe vom Juli kam auf einmal die Frage, ob das genug Informationen waren. Wurde ausreichend gewarnt? Es wurde zwar vor Starkregen gewarnt! Aber wurde auch genügend darauf hingewiesen, dass der Regen auf der Erde ankommen wird? Als Wasser! Haben wir schon so eine Voll-Kasko-Mentalität, dass wir glauben, man könnte die Folgen der Wetter-Katastrophen, wie diese, exakt vorhersagen? Heißt es dann im Wetterbericht: "Nach dem Starkregen werden folgende Hänge abrutschen…"? Früher ging der Bauer aufs Feld, schaute in den Himmel und hatte ein Gefühl dafür, was er wann tun muss. Heute schauen wir in den Himmel, vergleichen das mit unserer Wetter-App, schauen abends noch schnell Wetter auf mehreren Kanälen und werden dann überrascht. Weshalb wir sofort Schuldige suchen. Jetzt reden wieder alle von Warnung, u.a. von Sirenen. Ich befürchte nur, da kommen nach jedem Sirenentest so viele Lärmbelästigungsklagen, dass man die mit einer Dezibelbeschränkung oder elektronischen Lautstärkeregulierung ausstattet, ehe man die wieder abbaut, damit sich niemand vom Sirenenlärm gestört fühlt. Bis zum nächsten Unglück...

Leicht resigniert, ciao euer Mario


Wort: Mario Thiel / Bild: Tobias Kade